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Die Geschichte der Bonifatiusschule Hannover

Eigenartig ist das schon - so Stück für Stück zusammen gesetzt zu werden. So fing es nämlich an mit mir. Na ja, eigentlich schon früher.

Auf der Suche nach Arbeit kamen vor über 100 Jahren viele katholische Familien aus dem Eichsfeld nach Hannover, um hier zu arbeiten. Ihr Wunsch war es, im evangelischen Hannover Schulen zu haben, in denen ihre Kinder – wie es in ihren Familien üblich war - katholisch erzogen wurden. Zwar gab es eine Reihe von katholischen Schulen - zum Beispiel in der Nähe der Clemenskirche. Aber das war weit, außerdem vergrößerte sich die Anzahl katholischer Kinder durch weitere Zuzüge immer mehr.

Also entstand der Plan für mich: ein stattliches Gebäude, 20 Klassen, die Bürgerschule 23, katholische Volksschule im Listerfelde. Eingeweiht wurde ich am 09. April 1902. Und dass die Zeitung über mich schrieb, ich sei ein "schlichter, aber sehr wohltuender und harmonisch ausgeglichener Bau", "ein wohlgelungenes Werk", "sowohl außen als auch innen sehr vorteilhaft" liest frau doch gern.

Außerdem bekam ich vier Geschosse, das war vorher nicht üblich gewesen. Den Vergleich könnte ich mit Schulen in Berlin aufnehmen – das war schließlich damals im Kaiserreich die Hauptstadt (und ist es heute 100 Jahre später wieder). Gekostet habe ich "nur" 283 000 Mark (Grund und Boden, auf dem ich heute noch stehe, nicht mitgerechnet).

Meine Straße, an die ich gebaut wurde, hat nicht nur einmal den Namen gewechselt, bis sie heute Bonifatiusplatz heißt: Wilhelm - Gustloff - Platz z. B. - aber das war zu einer Zeit, die mir gar nicht gefallen hat. Am besten gefällt es mir hier ohnehin seit die Straße Bonifatiusplatz heißt und ich die Bonifatiusschule wurde. Das Schönste ist allerdings, dass mich die Kinder schon lange liebevoll die "Boni" nennen. Und das möchte ich bleiben - mindestens noch 100 Jahre lang.

Text: Felizitas Teske

Auszug aus der Festschrift "100 Jahre Bonifatiusschule", Hannover 2002, „Anstelle eines Vorwortes. Die Boni erzählt…“.

Die Chronik der Bonifatiusschule Hannover

09. April 1902

Einweihung der Bürgerschule 23 im Listerfelde als katholische Volksschule für Kinder der Klassen 7-1 mit 20 Klassen. Im deutschen Kaiserreich Wilhelm II. geht es geordnet zu: Strikte Trennung in Mädchenklassen, die von Fräuleins unterrichtet werden, und in Jungenklassen, unterrichtet von dunkel gekleideten Herren Lehrern. Auch der Schulhof weist nach Geschlechtern getrennte Bereiche auf. Die Jungen bekommen Unterricht in Naturlehre (Biologie) und Raumlehre (Geometrie) während die Mädchen Handarbeit und Hauswirtschaft auf dem Stundenplan haben. Die religiöse Erziehung wird überwiegend von Geistlichen übernommen.

1914 - 1918

Im 1. Weltkrieg wird die Bürgerschule 23 zur Kaserne. Der Schulbetrieb findet gegenüber in der heutigen Richarda-Huch-Schule statt, die fünf Jahre nach der Boni ebenfalls von Paul Rowald (1850-1920) gebaut wurde. Die Lehrerinnen und Lehrer kümmern sich um verarmte Kinder, beschafften Bücher, Essen und Kleidung und sorgen dafür, dass die Kinder ab und an ein "Brausebad" im Keller der Schule nehmen.

"Um einer Unterernährung bei den Schülern entgegen zu wirken, wurden wir ganz allgemein ein- oder manchmal auch zweimal die Woche klassenweise unter Leitung der Lehrkräfte der so genannten Quäkerspeisung zugeführt. Dort gab es abwechselnd Gemüseeintopf bzw. Milchreis, zum Milchreis extra noch ein Stück Blockschokolade, das wir zu aller Freude mit nach Hause nehmen durften. Die Quäker waren eine religiöse, US-amerikanische Hilfsorganisation, die damals, also Anfang der 20er Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, die deutschen Hilfsmaßnahmen unterstützten."
(Karl Seehause, Schüler der Bonifatiusschule 1921-1924, in: Festschrift "100 Jahre Bonifatiusschule", S. 32)

17.10.1933

Dienstantritt des neuen Rektors Schneemann, ein begeisterter Nationalsozialist und Mitglied der SA, in deren Uniform er sich gelegentlich im Schulhaus zeigt. Die Jungen werden gezwungen in der Hitlierjugend oder die Mädchen beim BDM mitzuarbeiten. Der Hitlerjugenddienst wird extra so angesetzt, dass er sich mit dem sonntäglichen Morgengottesdienst deckt. Denn Kirche ist bei der Hitlerjugend verpönt.

August 1939

Auflösung der sechs katholischen Schulen in Hannover aus politischen Gründen und Umwandlung in Gemeinschaftsschulen. In der Boni wird im Verlauf des 2. Weltkriegs die „Rettungsleitstelle für Bombengeschädigte“ untergebracht. Bei Kriegsende ist die schöne Boni zu 23 Prozent zerstört. Das Stadtgebiet Hannovers weist verheerende Bombenschäden von mehr als 50 Prozent Zerstörung auf.

1948

Die Zahl der Katholiken war nach Kriegsende im Zuge der Heimatvertreibung auf 127.000 angewachsen. Die Seelsorge muss unter Leitung von Bischof Joseph Godehard neu organisiert werden. Er fordert bereits im Juni 1945 die Beibehaltung und Neuerrichtung von Bekenntnisschulen mit dafür geeigneten Lehrern und setzt sich bei der britischen Militärregierung und den deutschen Behörden mit Protestschreiben dafür ein. Dennoch dauert dieser Prozess mehr als 10 Jahre.

01. April 1959

Neubeginn der "II. Volksschule Bonifatiusplatz" an alter Wirkungsstätte als "Schule für Schüler des römisch-katholischen Bekenntnisses" mit Rektorin Frau Krebs. Neustart mit acht einzügigen Schuljahrgängen der Klassen 1-8 (in nur 4 Räumen, da bereits zwei weitere christliche Schulen "Boni-Ost" und "Boni-West" im Gebäude untergebracht sind). Der Klassendurchschnitt beträgt 38 Schüler.

20. April 1959

Dechant Heinrich Bodenburg, ein unvergessener Förderer der Boni, überträgt die Kreuze in die einzelnen Klassen mit den Worten: "Ein Kreuz in der Schule aufrichten heißt, dass Christus bei all unserer Arbeit und Freude bei uns ist."

30. Juni 1964

Umzug der "I. Volksschule Bonifatiusplatz" in den Schulneubau an der Isernhagener Straße, so dass nach fünf Jahren Schichtunterricht und Wanderklassen endlich alle Räume von der alleinigen, erneut umbenannten "Volksschule Bonifatiusplatz" genutzt werden können.

02.02.1967

Die Volksschule am Bonifatiusplatz erhält den Namen „Bonifatiusschule“.

ab 1970

Das Schulsystem befindet sich in einer Umbruchphase:

  • inhaltliche Änderungen in Bezug auf Unterrichtsfächer und -inhalte
  • Einführung der Orientierungsstufe in Niedersachsen
  • Neugliederung der katholischen Schulen: Aus den ehemaligen katholischen Volksschulen als staatliche Angebotsschule werden zwei neue Schulsysteme: Die Grundschulen blieben öffentlich-rechtliche Bekenntnisschulen, die Klassen 5-9 wurden abgespalten in eine "Hauptschule kirchlicher Trägerschaft".

01.08.1975

Gründungstag der Grundschule Bonifatiusschule als Angebotsschule in kirchlicher Trägerschaft. Die Grundschule bleibt am angestammten Platz, während die 5. bis 9. Klassen ab 1977 zur „Ludwig-Windhorst-Schule“ werden und am Ende des Schuljahres 1977/78 an ihren heutigen Standort in Maschseenähe umziehen. Die Boni feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Rektor ist damals Theodor Steinwege. In dieser Zeit haben sich Festpunkte und Rituale im Schulleben entwickelt, die sich zum Teil bis heute erhalten haben.

1994 - 1995

Nach zweijähriger Erprobungsphase Umwandlung der Grundschule in eine "Volle Halbtagsgrundschule" für alle Schuljahrgänge.

1995-1999

Ende 1994 gründen Eltern eine Schulhof AG und widmen sich engagiert der Umgestaltung des Schulhofes zur Hügellandschaft mit Pflanzenbeeten, Büschen und Sträuchern. Hinzu kommen Weidenhaus, Schwebebalken, Basketballkorb und eine Sitzecke aus Findlingen.
1996 wird Felizitas Teske Rektorin an der Boni.
Im Schuljahr 1998/99 wird das Klettergerüst aufgestellt, im Jahr darauf die Mauer zum Bonifatiussplatz durch Kinder und Eltern farbig gestaltet und die Mauer zur Harnischstraße renoviert. Weitere Maßnahmen zur ökologischen Umgestaltung des Schulhofes folgen und werden durch Mitwirken einer engagierten Elternschaft realisiert.